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voraussichtlich 3. bis 7. Dezember 2022

im Hotel Hinteregger in Matrei/ Osttirol (Österreich)

 

Tagungsthema: „Risiko – Gefahr und Wagnis“

 

Die aktuellen globalen Entwicklungen im Zusammenhang von Klimakrise, Pandemie, Krieg, Versor-gungsknappheit und Teuerung haben auch uns in der scheinbar saturierten ‚Ersten Welt‘ das Bewusstsein für die Bedingtheit der menschlichen Existenz (Jaspers) – oder anders ausgedrückt: die permanen-ten Risiken des menschlichen Lebens – wieder deutlicher ins Bewusstsein gebracht. In der Etymologie wird als Herkunft des Lehnworts ‚Risiko‘ je nach Quelle meist entweder das griechisch-lateinische Wort (rhiza/risco) für eine Klippe als Schifffahrtshindernis oder das arabische Wort (rizq) für den vom Schicksal abhängigen Lebensunterhalt angeführt.

Fachsprachlich versteht man heute unter einem Risiko eine Kombination der (im Gegensatz zur Unsicherheit / Ungewissheit zumindest begrenzt kalkulierbaren) Eintrittswahrscheinlichkeit eines als negativ angesehenen / unerwünschten Ereignisses in Kombination mit der Schadensschwere bei dessen Eintritt. Inhaltlich verwandte Begriffe sind ‚Gefahr‘ und ‚Wagnis‘, deren Bedeutungen sich teilweise mit ‚Risiko‘ überschneiden, was gelegentlich zu Missverständnissen Anlass gibt. Eine Gefahr besteht, sobald sich aus einer bestimmten Sachlage grundsätzlich eine schädliche Wirkung ergeben kann; daraus entsteht schließlich ein Risiko, wenn eine Person/ein Gegenstand dieser Gefahr ausgesetzt wird (Exposition). Im Gegensatz dazu ist ein Wagnis stets mit einer Handlung und einer ethischen Komponente verbunden. Ein Unfall lässt sich (fahrlässig) riskieren, aber nicht wagen. Wagnisse benötigen Risiken – Risiken können auch ohne Wagnis bestehen. Ein erweiterter Risikobegriff inkludiert neben der Verlustgefahr eine spekulative Gewinnchance: ‚kein Risiko ohne Chance, aber auch keine Chance ohne Risiko‘.

Der Risikobegriff ist in verschiedenen Disziplinen verankert, was im Folgenden nur ausschnitthaft und sehr vereinfachend angerissen werden kann. In den Umwelt- / Ingenieurwissenschaften ist der Risikobegriff im oben genannten Sinn als Kombination von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß nach ISO-Standard definiert. Im Vordergrund der Betrachtungen stehen methodische Probleme der Prognose. Innerhalb der Mathematik befassen sich Stochastik und Statistik mit entsprechenden Quantifizierungen (Wahrscheinlichkeitsrechnungen). Die Geographie als Brückenfach zwischen Natur- und Humanwissenschaften interessiert sich für objektive Risiken im Mensch-Umwelt-Verhältnis ebenso wie für deren Wahrnehmung und Begegnung durch soziale Gruppen und Gemeinschaften. Überschneidend damit ist in den Sozialwissenschaften die ‚Risikogesellschaft‘ (Beck) intensiv rezipiert worden. Soziologie und deren ‚Systemtheorie‘ (Luhmann) verwenden den Risikobegriff im Zusam-menhang mit Entscheidungen von ‚Akteuren‘, die sich bestimmte Folgen in der Abwägung von Nutzen / Schaden davon erwarten. Die Ökonomie nutzt die Entscheidungstheorie als betriebswirtschaftliches Instrument; Unternehmens-, bankbetriebliche und Versicherungsrisiken zählen zu den Hauptanwendungsgebieten. In der Philosophie werden Risiko und Wagnis schließlich als ethische Herausforderungen im Zusammenhang mit der Sinnhaftigkeit des Lebens betrachtet.
Für eine kulturethologische Betrachtung ist weniger das Risiko als solches zugänglich, sondern der menschliche Umgang damit, etwa dessen Entwicklung, ökologische Bedingtheit und Abhängigkeit von angeborenen Verhaltensweisen (vgl. Koenig). Alle Menschen sind allein wie auch besonders in ihrem Zusammenwirken Risiken ausgesetzt, denen sie infolge ihrer Risikowahrnehmung und -einstellung mit bestimmtem Risikoverhalten (Risikovermeidung, -minderung, -vorsorge etc.) begegnen können, diese aber letztlich nie in Gänze ausschließen können (Lebens-, Gesellschafts-, Umwelt-, Naturrisiken).

Als Risikomanagement versteht man die planvolle Aussteuerung von Risiken (Risikoidentifikation, analyse, bewertung, controlling) im Rahmen von Organisationsprozessen. Ein ‚Restrisiko‘ verbleibt, nachdem Adaptions- und/oder Schutzmaßnahmen getroffen worden sind. Als ‚Risikokultur‘ kann man in einem größeren Zusammenhang den gesellschaftlichen Umgang mit verschiedenen Risiken ansehen und einer vergleichenden Betrachtung unterziehen.

All diese Beispiele sollten veranschaulichen, dass sich für die 47. Matreier Gespräche Vorträge sowohl aus unterschiedlichster fachlicher Perspektive als auch aus inter- und transdisziplinärer Sichtweise anbieten.

 

Organisatorisches

Wer einen eigenen Beitrag in Form eines 20-minütigen Vortrages (mit anschließender 20-minütiger Diskussion) halten möchte, der möge uns dies bitte bis zum 10. Oktober 2022 mit Angabe des Themas mitteilen. Dies gilt auch für allfällige besondere Vortragsformate, etwa Gruppierungen/Kombinationen von zwei thematisch aufeinander bezogenen Vorträgen mit gemeinsamer Diskussion. Wir bitten um Verständnis, falls durch die vorgegebenen zeitlichen Rahmenbedingungen unter Umständen eine Auswahl der Referate nötig wird. Im Laufe des Oktobers wird das (vorläufige) Programm mit den technischen bzw. organisatorischen Einzelheiten ausgesendet. Da wir auch diesmal wieder einen Tagungsband mit den zu wissenschaftlichen Essays o.ä. verschriftlichten Tagungsvorträgen planen, ersuchen wir, bereits parallel zu den Vorträgen eine Schriftfassung zu konzipieren, in die freilich noch die Ergebnisse der Matreier Diskussion einfließen sollen. Dieses Manuskript sollte nach Möglichkeit bis 31. März 2023 eingereicht werden.

In diesem Sinne freuen wir uns zunächst auf interessante und anregende Vorträge und Diskussionen bei den 47. Matreier Gesprächen im Dezember 2022.

Mit vielen herzlichen Grüßen
Bernhart Ruso & Oliver Bender
(Vorsitzender Otto-Koenig-Gesellschaft bzw. Wissenschaftlicher Leiter Matreier Gespräche)
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