Die Matreier Gespräche entstanden aus Otto Koenigs Interesse an interdisplinärer Kooperation , speziell aus seinem Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Volkskunde und der Ethnologie. Obwohl Otto Koenig, wie es durch seine breit angelegten Studien belegt ist, auch an der Zusammenarbeit mit Pädagogen, Soziologen, Psychologen, Kinderpsychologen und Urgeschichtlern interessiert war, richtete sich sein Augenmerk aber besonders auf die Fächer Volkskunde und Völkerkunde, weil seine eigenen kulturwissenschaftlichen Forschungsfelder, an denen er die – partielle – Identität der Verlaufsformen biologischer und kultureller Entwicklungen zeigen wollte, aus diesen Disziplinen stammten: die Kleidung, speziell die Uniform, die kulturellen Varianten des "Urmotivs Auge", die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Magie und Aberglauben.
Die Wahl des Tagungsortes für das erste Treffen 1972 ergab sich in erster Linie aus der intensiven Verbindung, die Otto und seine Gattin bereits seit einigen Jahren zu Matrei aufgebaut hatten. Die beiden Koenigs waren auf der Suche nach kulturethologischen Forschungsfeldern erstmals Pfingsten 1964 nach Matrei gekommen und hatten dort von Maskenschnitzern über das Klaubauf-Brauchtum erfahren. Ihnen war wohl gleich bewußt geworden, "daß hier ein faszinierendes Forschungsthema vor uns lag".
In den folgenden Jahren sind dann durch O. Koenig und durch die Forschungsgemeinschaft Wilhelminenberg zahlreiche Filme über die Maskenschnitzerei und über das Klaubaufgehen in Matrei und dessen weiterem Umfeld gedreht worden, dazu entstand eine Vielzahl an Fotos und an Tonbandaufnahmen. Zentrum der Untersuchungen blieb aber Matrei. So lag es nahe, als Treffpunkt für die volkskundlich/ethologischen Gespräche der Gruppen aus Wien und Hamburg diese Marktgemeinde, die zugleich in etwa die Bedingung des halben Weges zwischen Wien und Hamburg erfüllte, zu bestimmen. Auf dem Hintergrund der vielfältigen kulturethologischen Anregungen in Matrei und wegen der von ihm wissenschaftlich als sehr fruchtbar eingeschätzten Matreier Gespräche hat O. Koenig schließlich eine sehr emotionale Bindung zu Matrei entwickelt. Er empfand Matrei für sich und seine Frau geradezu als einen "Schicksalsort". Die ab 1976 regelmäßig jährlich durchgeführten Matreier Gespräche bewertete er als "den Höhepunkt unseres Arbeitsjahres". (gekürzt aus: Max Liedtke "25 Jahre Matreier Gespräche", ungekürzter Text)