Der Ursprung des Klaubaufgehens liegt nach Otto Koenig im Werben, bzw. der Paarbildung. Aus wirtschaftlichen und klimatischen Gründen bot sich dafür die weniger arbeitsintensive Winterzeit an - ein Phänomen, dass sich auch in anderen Kulturräumen nachweisen läßt. Das Matreier Klaubaufgehen folgt einem verbindlichem Regelwerk, in dem Ort, Zeit und Formen des Handelns bestimmt sind. Nur Männern ist das Verkleiden und wilde Treiben erlaubt. Die Klaubaufe achten dabei streng auf die Wahrung ihrer Anonymität. In der Regel sammeln sie sich an den festgelegten Tagen bei Freunden oder in Hinterhöfen und Scheunen, kleiden sich dort gemeinschaftlich um und beginnen ihren Zug nach Einbruch der Dunkelheit. In kleineren Gruppen besuchen sie Gaststätten und Privatleute. Normalerweise erfolgt der Auftritt der Klaubaufe nach dem Besuch des Nikolaus. Sie stürmen unter dem Lärm ihrer Glocken in die Stube oder Wirtschaft und versuchen die Bewohner hinter den Tischen hervorzuziehen ("Tischrücken"). Das eigentliche Ziel der Klaubaufs ist der "Raub" junger Mädchen, die ins Freie gebracht, in den Schnee geworfen und gleich darauf aber wieder frei gelassen werden. Die männlichen Bewohner sehen dem Treiben natürlich nicht tatenlos zu und versuchen vor allem den Stubentisch, die wichtigste Barriere zu den Klaubaufs, zu verteidigen. Noch vor einigen Jahren wurde dabei nicht selten der Stubentisch im wilden Gerangel heraus gezerrt. Eine Praxis, die mit robustem Bauerninventar noch möglich war, heute aber nur noch gelegentlich praktiziert wird. Kommt es zu einem direkten Zweikampf zwischen einem Klaubauf und einem "Zivilisten", versuchen sich die Widersacher gegenseitig zu Boden zu reißen. Dabei packen sich die Kontrahenten an den Armen und probieren den Gegner durch Drehen auf den Boden zu werfen. Diese streng ritualisierten Raufereien sehen für den Außenstehenden recht dramatisch aus, verringern durch die klar definierten Spielregeln in Wahrheit aber die Verletzungsgefahr, die dennoch relativ gross ist. Durch die Veränderungen der Wohnsituation hat sich heute ein Großteil dieser Raufereien auf die Straße verlagert, wo sich überwiegend junge Männer mit den Klaubaufen messen. Es spricht manches dafür, daß der früher im Dezember schon reichlich vorhandene Schnee allzu harte Würfe abfedern sollte. Heute sorgen Ordner während des Klaubaufgehens dafür, daß die Gegenspieler in ihrem Treiben nicht zu weit gehen.
Der letzte Tag und Höhepunkt des Matreier Klaubaufgehens ist der Nikolaustag. Am Ende ihres Zuges, oft erst gegen Mitternacht, sammeln sich die Klaubaufe und treffen auf dem Matreier Hauptplatz auf die dort wartenden Zuschauer. Dabei wird nicht zwischen passivem Beobachter und jugendlichem Balger unterschieden. Am Ende der Raufereien weichen die Klaubaufe gemeinschaftlich zurück, um kurz darauf unter heftigem Geläut geschlossen auf dem Rauterplatz, der alten Dorfmitte, einzuziehen.
Mit einer Schlußrunde um den Heiligen Nikolaus, die allerdings erst in den 1980/90er jahren zum festen Bestandteil wurde, und dem Lüften der Maske ist das Treiben beendet.
In Matrei kann man das Klaubaufgehen teilweise noch in seiner ursprünglichen Art beobachten. Trotz zahlreicher Versuche, vor allem durch die Salzburger Bischöfe, das Klaubaufgehen einzuschränken, ist der Brauch erhalten geblieben. Vermutlich wird er in keiner Gemeinde so lebendig weitergeführt wie in Matrei - ein urwüchsiger Brauch, der zu einem starken, identitätsstiftenden Moment für die Bewohner der gesamten Marktgemeinde geworden ist.
Literatur:
Otto Koenig, Klaubaufgehen. Ein Maskenbrauch in Osttirol und der Gastein (= Wegweiser zur Völkerkunde, Heft 24), Hamburg 1980
Otto Koenig, Kulturethologische Betrachtungen des Klaubaufgehens, in: Maske - Mode - Kleigruppe. Beiträge zur interdisziplinären Kulturforschung. Hrsg. vom Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, München 1981, S. 45-58